Die Coerver Methode: Mehr als nur Ball Mastery

Die Coerver Methode: Mehr als nur Ball Mastery

Viele Trainer:innen hören in den unteren Lizenzbereichen immer wieder von der sogenannten Coerver-Methode. Bekannt sind auch die Coerver Drills aus Videos im Internet. Zumeist hört man von dieser Methode nur im Zusammenhang mit dem Erlernen der Ballbeherrschung (Ball Mastery). "Ein Kind, ein Ball und übt!", so sehen viele Trainer:innen Coerver.

Die Coerver-Methode ist jedoch weit mehr als nur Ball Mastery Drills und Wiederholungen.


Entwickelt wurde die Coerver-Methode in den 70ern und 80ern des letzten Jahrhunderts von einem niederländischen Trainer namens Wiel Coerver. Die zwei Briten Charlie Cooke und Alfred Galustian entwickelten daraus eine ganzheitliche Trainingsmethode, die die beiden weltweit beworben. Galustian war beispielsweise als Berater von 17 Fußballverbänden tätig und gilt noch heute als ein Technik- und Skillfachmann in der Fußballbranche.




Dass die Coerver Methode mehr als nur Ballbeherrschung ist, beweist ein Blick auf die Coerver-Pyramide. Natürlich dient die Ballbeherrschung als Fundament für die weiteren Schritte in der Spielerentwicklung, jedoch würde man der Methode Unrecht tun, wenn man sie nur auf Ball Mastery reduziert.


Stufe 1 - Ballbeherrschung


Die Ballbeherrschung gilt als Basis für alle anderen Entwicklungsschritte. Um möglichst viele Ballkontakte zu garantieren, trainiert in dieser Stufe jeder Spieler mit einem Ball. Ein Ball ? ein Spieler, wird hier als Devise ausgegeben. Johan Cruyff entwickelte dafür die sogenannte Skill-Box, ein Quadrat, in dem jeder Spieler den angesagten Drill übt. Ziel dieser Stufe ist das Erlernen von Balltechnik durch Wiederholungen und Variationen. Drills und Übungen in der Skill-Box eignen sich übrigens perfekt als Warm-Up.


Stufe 2 - Passspiel und Ballmitnahme


In dieser Stufe sollen die zuvor gelernten Skills zur Anwendung kommen. Dabei agiert der Spieler mit anderen Spielern. Grundsätzliche Dinge wie die Fußhaltung beim Pass und das Verwenden der richtigen Seite stehen ebenso im Fokus wie die richtige Ballan- und Mitnahme. Elemente der Kommunikation kommen durch das Passen zu einem Mitspieler ebenso hinzu.


Stufe 3 - 1v1 (offensiv / defensiv)


Das 1v1 wurde von vielen Fußballexperten bereits als Keimzelle des Fußballs benannt. So behandelt auch die Coerver Methode das 1v1 als elementaren Bestandteil. Individualtaktische Vorgehensweisen (schwachen Fuß andribbeln, lenken des Gegners, Finten, etc.) werden in dieser Stufe erlernt. Ein Fokus liegt hierbei auch in der sauberen Bewegungsausführung, was für den Trainer sehr anspruchsvoll sein kann. Ihm kommt generell die wichtige Rolle des Vorturners zu. Genauso wie auf offensive Belange muss auf das defensive Verhalten im 1v1 wertgelegt werden.


Stufe 4 - Schnelligkeit


In der Stufe der Schnelligkeit geht es grundsätzlich nicht nur um Sprintschnelligkeit, sondern vor allem um Spiel- und Handlungsschnelligkeit. Wie schnell können verschiedene Aktionen erfolgreich abgeschlossen werden? Neben der Schnellkraft arbeiten die Spieler auch an der geistigen Schnelligkeit. Reaktionsschnelligkeit und Entscheidungsfindung stehen ebenso auf dem Programm.


Stufe 5 - Abschluss


In dieser Stufe geht es vorrangig um den Torabschluss. Die in den vorangegangenen Stufen erlernten Skills sollen hier zum Umsetzung kommen und in Toren resultieren. Im 1v1 oder in Kleingruppen sollen die Spieler auch mit dem Druck in Abschlussaktionen vertraut gemacht werden. Im Fokus steht auch die Abschluss- und Schusstechnik.


Stufe 6 - Gruppenspiel


Das Gruppenspiel kombiniert die vorangegangenen Stufen. Spieler lernen nun in der Gruppe oder im Team zu Lösungen zu gelangen. Dabei kommen immer wieder Situationen aus anderen Stufen vor. So sind 1v1-Situationen, Abschlüsse und Dribblings vollkommen natürliche Abläufe in einem Gruppenspiel. Basis dafür ist die Ballbeherrschung. Das in allen Stufen erlernte Wissen wird nun taktisch angewandt. Der Trainer fordert die zielführende Umsetzung der erlernten Skills ein.


Die Coerver Methode geht sehr individuell auf den Spieler und dessen Stärken und Schwächen ein. Im Gegensatz zu vielen sportwissenschaftlichen Erkenntnissen über die Sinnhaftigkeit impliziten Lernens, ist Coerver eine sehr explizite Methode. Bewegungsmuster orientieren sich an Idealabläufen und der Spieler ist angehalten so nahe wie möglich an dieses Ideal heranzukommen. Den Spielern werden durch Vorzeigen, Handbücher und Videos die Lösungen ihrer Probleme explizit bekannt gegeben. Einige Sportwissenschaftler sehen darin eine Schwäche der Coerver Methode. Nichtsdestotrotz hat sie, nicht nur aufgrund der Erfolge ihrer Anwender, eine absolute Daseinsberechtigung. Sie folgt dem wissenschaftlichen Konzept der Methodischen Reihe, indem sie den Sportler kontinuierlich vom Einfachen zum Komplexen heranführt. Sie ist ein geeignetes und oft genutztes Instrument zur Periodisierung. Unterm Strich ist die Coerver Methode viel mehr als nur isoliertes Techniktraining mit andauernden Wiederholungen. Es ist ein durchgängiges Modell zur Entwicklungsplanung von Jugendspielern.


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